Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats November 2012
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 7: Farn / Wurmfarn (Dryopteris spec.)

Der Farn, bei uns gibt es vor allem Wurmfarn, galt früher als mysteriös, unheimlich, als Teufelspflanze. Nicht nur wächst er auf feuchten, halb schattigen Waldplätzen, also weit ab von den Siedlungen, an Stellen, wo es dämmrig, einsam und still ist, wohin nur Kräutersammler, Hexen und Huren freiwillig gehen. Aber nicht nur das, der Farn ist so ganz anders als andere Pflanzen, die blühen und dann Samen oder Früchte tragen. Farne vermehren sich über Sporen, die an der Unterseite der Blätter angeordnet sind. Doch das war ein unbekanntes Konzept. Also dichtete man dem Farn geheimnisvolle, hochpotente und äußerst kostbare Samen und Blüten an, die nur Eingeweihte sehen und finden konnten.

 „Farnsamen“  sollten vor Hexereien, Zaubereien, Blitz und Unwetter schützen, aber auch vor Angriffen mit Hieben und Stichen. Sie halfen, Schätze zu finden und auszugraben, und brachten Glück im Spiel. Wer Farnsamen besaß, konnte die Tarnkappe finden, die unsichtbar macht, und die Sprache der Tiere verstehen.

Natürlich war es sehr schwierig und gefährlich, diese magischen Samen zu gewinnen. Verschiedene Methoden sind beschrieben: Am einfachsten war, seine Seele dem Teufel zu verschreiben, der dann den Farnsamen besorgte. Oder man ging einen etwas komplizierteren Weg: Dazu durfte man während der ganzen Adventszeit nicht in die Kirche gehen und auch nicht beten, sondern musste sich stattdessen mit teuflischen Gedanken beschäftigen. In der Christnacht zwischen 11 Uhr und Mitternacht musste man sich auf einen Kreuzweg stellen, über den schon Leichen getragen worden waren. Dann erschien einem ein bekannter oder unbekannter Toter. Man durfte sich nicht regen, auch keine Miene verziehen. Wer diese Probe bestanden hatte, bekam um Mitternacht eine Tüte mit den kostbaren Farnsamen.
Wie die Farnsamen, die es nicht gibt, sollten auch Farnblüten, die ebenfalls nicht existieren, Wunder bewirken können: Wer eine Farnblüte besitzt, vor dessen Augen würden alle Schätze der Erde sichtbar, wurde gesagt.

Der Glaube an die Magie der Farnsamen war über ganz Europa verbreitet. Alles wurde versucht, um in den Besitz der mysteriösen Samen zu kommen. Und wer weiß, was nicht alles als „Farnsamen“ teuer verkauft wurde. Im 16. Jahrhundert erließ Herzog Maximilian I. von Bayern dann  ein Verbot, Farnsamen zu sammeln.

Quelle: u.a. Marianne Beuchert: „Symbolik der Pflanzen“

Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de


Wurmfarn (Dryopteris filix-mas)  enthält in den Wurzelstöcken Phloroglucin-Verbindungen („Filizin"). Die Extrakte wurden daher früher zur Behandlung gegen Bandwurmbefall eingesetzt, denn sie lähmen Darmparasiten. Daher auch der Name Wurmfarn. Fotos: Armstrong

 

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